"Mach mal", grinste sie ...
Dialoge sind für mich wie der Zucker, der (zusammen mit anderen Zutaten) den Kakao zur Schokolade macht.
Auf das richtige Maß und eine leckere Rezeptur kommt es an.
Manche Menschen mögen auch bitteren Kakao oder Geschichten ohne Dialoge.
Ich mag es halbbitter und manchmal auch knallig süß.
Das heißt: Nicht alle Texte müssen Dialoge haben.
Aber ich finde sie bei den meisten meiner Geschichten unverzichtbar.
Gute Dialoge wirken wie aus dem Leben, bilden aber keine echten Gespräch ab.
Sonst würde es von Ähs, Ohs, Gestammel und Halbsätzen nur so wimmeln.
Dialoge haben vielfältige Aufgaben.
Sie können den Figuren bzw. der Handlung, aber auch den Leserinnen und Lesern „dienen“.
Jeder Dialog verfolgt ein Ziel und hat eine Aufgabe.
Dazu gehört zum Beispiel:
- Emotionen zu vermitteln, zu erzeugen oder verändern,
- Spannung zu erzeugen, zu verstärken, zu halten oder aufzulösen,
- Infos über die Handlung oder Inhalte (zum Beispiel aus der Vergangenheit) weiterzugeben und so die Geschichte voranzubringen,
- Figuren zu charakterisieren und lebendig zu machen,
- die Umgebung darzustellen,
- Beziehungen, Konflikte, Gemeinsamkeiten, Unterschiede zwischen Charakteren darzustellen,
- Haltungen, Werte, Normen, Einstellungen, Vorhaben, Ideen, Erinnerungen von Charakteren darzustellen,
- Konflikte zu erzeugen, zu diskutieren, auf die Spitze zu treiben, aufzulösen,
- (versteckte) Hinweise zu geben, Vorausdeutungen einfließen zu lassen, Denkanstöße zu geben
- und natürlich: die Leserinnen und Leser gut zu unterhalten.
In Dialogen kann man eine Menge über die Figuren erfahren.
Hier ein einfaches kurzes Beispiel, in dem sich Vera und ihre Oma unterhalten:
„Woher hast du den schicken Hut, Oma?“
„Den habe ich gestern auf dem Krämermarkt gekauft.
Die Marktleute kommen immer noch freitags.“
„Früher waren wir oft dort, wenn ich dich in den Ferien besucht habe. Daran erinnere ich mich gerne. Das Rot steht dir übrigens gut.“
Was weißt du jetzt über Vera und ihre Oma?
- Die Oma hat einen neuen roten Hut.
- Sie hat ihn auf dem Markt gekauft.
- Früher war sie oft mit ihrer Enkelin dort.
- Die Enkelin hat die Oma gerne in den Ferien besucht.
- Und in der Geschichte ist Samstag.
Wichtig ist beim Dialog:
Die Leserinnen und Leser sollten wissen, wer gerade spricht.
Am einfachsten geht das mit sogenannten Beisätzen:
… sagte er, flüsterte sie, fragte er.
In den Beisätzen solltest du Verben verwenden, die etwas mit dem Sprechen zu tun haben (Sprecherverben).
Also zum Beispiel: fragen, sagen, brüllen.
Was mich fast wahnsinnig macht, sind Beisätze mit unpassenden Verben.
Beispiele gefällig?
- „Hier ist der Tee“, reichte die Oma Vera die Kanne.
- „Vielen Dank, der Kuchen schmeckt lecker“, nahm Vera die Kanne.
Zugegeben, das ist extrem.
Aber ich habe Formulierungen in dieser Art schon gelesen.
Auch wenn Figuren Worte grinsen, lachen oder schmunzeln, kribbelt es gefährlich in meinen Lektorinnenfingern.
Nimm dir also kein Beispiel an der Überschrift dieses Beitrags.
Manchmal brauchst du keine Beisätze.
Zum Beispiel, wenn aus dem Gesagten klar wird, wer gerade spricht.
Ich bleibe mal bei meinem einfachen Beispiel:
Vera nahm die Teekanne. „Der Kuchen schmeckt aber lecker, Oma.“
„Das freut mich, Vera. Ich habe ihn nur für dich gebacken.“
Du kannst Figuren im und durch den Dialog charakterisieren.
Man kann sie „an ihrem Sprachstil“, ihrer Wortwahl oder an ihren typischen Gesten während des Sprechens erkennen.
Du solltest aber solche Erkennungszeichen nicht zu oft benutzen.
Sonst wird es langweilig oder wirkt übertrieben.
Am besten ist es, wenn du diese Eigenheiten dokumentierst.
Du kannst sie dir vorab ausdenken, aber sie können sich auch entwickeln, wenn du deine Figuren besser kennenlernst.
Eine gute Methode, die Figuren und ihre Sprache „kennenzulernen“, ist es, sie zu interviewen.
Zu den Figuren werde ich dir hier in zwei Wochen etwas schreiben.
Dialoge sind ein wichtiges Spannungselement.
Du kannst sie auf verschiedene Art und Weise wirkungsvoll einsetzen:
- Die Dialogpartner vermeiden passende Antworten:
Sie antworten nicht auf gestellten Fragen.
Sie umgehen die Antworten, stellen Gegenfragen, lenken ab, antworten erst verspätet auf eine Frage oder versuchen, das Thema zu wechseln. - Ein Dialog kann durch äußere Umstände gestört werden (zum Beispiel durch Lärm). Das gegenseitige Verstehen wird dadurch (noch mehr) erschwert.
- Jemand wird in einer unpassenden Situation zu einem Dialog „gezwungen“, kann also nicht ausweichen und muss sich dem Gespräch stellen.
- Die Figuren haben nur wenig Zeit, um etwas Wichtiges zu besprechen.
Zum Beispiel, weil gleich ein Zug abfährt, in den einer der Gesprächspartner steigen muss. - Der Dialog und umgebende Handlung stehen in einem Kontrast.
Damit kannst du beide Elemente stärken, Klischees aufbrechen und Erwartungen der Lesenden umgehen.
Zum Beispiel: Zwei Serienkiller unterhalten sich auf dem Weg zu einem Auftrag über ihre letzten Wellnessurlaube.
Denk dir gerne Dialoge zu den Beispielen aus und schicke sie mir.
Ich freue mich drauf.
Alles Gute
Beate