17-Silben-Krimis

Vielleicht erinnerst du dich:

Ich bin eine Mörderische Schwester.

Krimis sind eins meiner „Steckenpferde“.

 

Aber was ist überhaupt ein Krimi?

Gero von Wilpert definiert „Kriminalliteratur“ im „Sachwörterbuch der Literatur“ folgendermaßen:

„Kriminalliteratur ist der Oberbegriff für solche literarischen Werke, in deren Mittelpunkt Verbrechen stehen.“

 

Oft werden Krimis und Thriller verwechselt.

Aber Krimis sind ein eigenes Genre.

In der Regel wird die Thriller-Spannung vor allem durch die Bedrohung der Hauptfigur aufgebaut.

Ihr eigenes Leben kann bedroht sein, aber auch das Leben oder die Gesundheit von Figuren, die der Hauptfigur nahestehen.

Genauso sind größere Dimensionen möglich: Einwohner einer Stadt, eines Landes oder der ganzen Welt können bedroht sein – manchmal fällt einem halt der Himmel auf den Kopf.

Die Hauptfigur kämpft allein oder gemeinsam mit anderen gegen die Bedrohung, versucht, sie abzuwenden oder abzumildern.

 

Natürlich überschneiden sich Thriller und Krimis an einigen Stellen. Beide sollten auf jeden Fall spannend sein. Wenn die Bedrohung in einem Thriller beispielsweise von einem Serienmörder ausgeht oder ein Ermittler bedroht wird, geht es Richtung Krimi.

Im typischen Krimi wird zu Beginn der Geschichte ein Verbrechen verübt, das Rätsel aufgibt. Am Ende der Geschichte ist das Rätsel gelöst. Manchmal auch nicht. Ich mag es gerne, wenn am Ende noch etwas offen bleibt.

Fortsetzung folgt … vielleicht.

 

Im typischen Thriller zeichnet sich am Anfang eine Bedrohung ab, deren Intensität und Gefahr immer mehr zunimmt. Sie dominiert alle Handlungen und Ereignisse in der Geschichte. Sie übernimmt sozusagen die Kontrolle.

Krimis können lang sein und sich über hunderte von Seiten ziehen. Sie können in eine Kurzgeschichte verpackt sein oder als Postkarten-Krimis an die Öffentlichkeit treten.

 

Ein Mini-Krimi ist das Krimi-Haiku.

Ein Haiku ist ein traditionelles japanisches Gedicht. Es besteht aus drei Zeilen mit insgesamt 17 Silben und gilt als kürzeste Gedichtform der Welt.

Ein Haiku wird im Präsens geschrieben. Es soll eine konkrete Situation für die Leserinnen und Leser spürbar und miterlebbar machen.

Die letzte Zeile des Haikus beinhaltet oft eine Überraschung oder eine (humorvolle) Wendung.

 

Und jetzt wird es praktisch.

So schreibst du ein Krimi-Haiku:

  1. Such dir ein Mordmotiv aus.

    Motive sind häufig Eifersucht, Neid, Gier nach Macht und Geld, enttäuschte Liebe oder Rache. Aber natürlich gibt es noch viel mehr.

    Sammle Gefühle und Hintergründe, die zu diesem Mordmotiv passen.

  • Worauf ist der Täter neidisch?
  • Wer hat ihn wie gekränkt?
  • Was will er unbedingt haben und geht dafür über Leichen?

  1. Lege die Rahmenbedingungen fest:
  • Wer ist das Opfer?
  • Wer ist der Täter?
  • Was ist der Tatwaffe?
  • Wo ist die Tat passiert?
  • Wann ist die Tat passiert?
  • Wie ist die Tat abgelaufen?

  1. Schreibe ungefähr 15 Minuten lang alles auf, was dir zum Motiv und zu den Rahmenbedingungen einfällt.

    Sortiere nicht, sondern schreibe einfach ungefiltert deine Ideen nieder.

  1. Lies dir durch, was du geschrieben hast, und markiere die wichtigsten und spannendsten Stellen.

    Schreib dir anschließend die markierten Stellen auf ein neues Blatt.

    Hier solltest du deinen Text schon deutlich reduzieren und höchstens 10 Zeilen schreiben.

 

  1. Und jetzt kommt das Verdichten und das Dichten.

    Konzentriere deine Ideen und deinen Text auf ein Haiku mit folgender „Bauanleitung“:

    Zeile = 5 Silben (Ort, Zeit, Situation)
    Zeile = 7 Silben (etwas geschieht)
    Zeile = 5 Silben (Überraschung)

Schau dir einfach ein Haiku-Beispiel von mir an:

Beim Fußball-Endspiel

Schreie, Scherben, ein Toter,

keiner will glotzen.

 

Du musst dich nicht unbedingt an die Aufteilung von Ort, Zeit, Situation, Geschehen und Überraschung halten.

Es geht zum Beispiel auch so:

Der Regenwurm singt

im Schnabel des Raben sein

letztes Liebeslied.

Willst du es probieren?

Dann tu es!

 

Schick mir gerne dein erstes Krimi-Haiku (oder auch ein anderes).

Viel Spaß

Beate

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