Pack den Knüppel in den Sack und knuspre lieber am Häuschen …
Märchen.
Ich mag sie gerne.
Aber ich nehme sie meist nicht so ernst.
Wie versprochen, bekommst du heute eine „Bauanleitung“ für Märchen.
Damit kannst du selbst eins schreiben.
Oder zwei oder drei oder viele …
Ein typisches Märchen weist eine Reihe von Merkmalen auf.
Aber nicht alle Merkmale müssen in jedem Märchen vorkommen.
Hier eine Auflistung der wichtigsten Aspekte:
- Sie enthalten eine Anfangs- und Schlussformeln:
„Es war einmal …“,
„Und wenn sie nicht gestorben sind, dann leben sie noch heute.“ - Sie spielen in einer erfundenen, fantastischen Welt.
- Es gibt keine konkreten Zeit- und Ortsangaben.
- Sie sind eher einfach geschrieben und verfolgen nur einen Handlungsstrang.
- Gut und Böse sind voneinander abgegrenzt, die jeweiligen Figuren haben häufig gegensätzliche Eigenschaften.
- Der Held oder die Heldin hat eine Schwäche, aber auch das Ziel, ein Problem lösen oder eine Herausforderung zu überwinden.
- Die Hauptfiguren haben oft einen Namen (Dornröschen, Aschenputtel usw.), die anderen Figuren meistens nicht (König, Stiefmutter, Prinz usw.).
- Die Figuren haben typische Merkmale und wiedererkennbaren Eigenschaften.
Man kann auch sagen, sie sind recht stereotyp und oberflächlich gezeichnet. - Fantastische Wesen oder Wesen mit übernatürlichen Kräften gehören dazu.
Zum Beispiel Hexen, Zauberer, Feen oder Riesen. - Tiere, Pflanzen, Dinge sind oft personifiziert oder verwandelt und sie können sprechen.
Im Froschkönig steckt ein Prinz.
Der gestiefelte Kater ist echt schlau und gewieft.
Und einen Goldesel hätte ich auch gerne im Keller. - Immer wieder kommen Gegenstände mit magischen Eigenschaften zum Einsatz.
Wie Zauberstäbe, ein Brunnen, der die Wahrheit spricht, oder ein Knüppel aus dem Sack. - Magische Zahlen (3, 7, 12/13) spielen häufig eine Rolle:
3 Brüder und 3 kleine Schweinchen, 7 Geißlein, 7 Schwäne oder 7 Zwerge, 12 Prinzessinnen mit zertanzten Schuhen und 13 Feen bei Dornröschen (da wären besser auch 12 geblieben). - Häufig tauchen Reime, (magische) Sprüche, Verse oder Lieder auf.
Dazu kannst du dir noch mal meinen Beitrag von vergangener Woche anschauen. - Ende gut, alles gut, aber nur für die Guten.
Denn: Das Böse wird bestraft, das Gute gewinnt.
Wenn du selbst ein Märchen schreiben möchtest, kannst du mit diesen „Zutaten“ flexibel umgehen.
Sogenannte „Kunstmärchen“, wie sie zum Beispiel Hans Christian Andersen geschrieben hat, sind in der Regel ausgefeilter als Volksmärchen.
Du kannst also auch eine anspruchsvollere Sprache benutzen, mehrere Handlungsstränge einbauen und musst die Geschichte nicht unbedingt glücklich enden lassen.
Eins meiner Lieblingsmärchen ist „Das kleine Mädchen mit den Schwefelhölzern“.
Das hat nicht gerade ein typisches Happy End …
Und jetzt dein Bauplan für ein Märchen:
- Ort und Zeit kannst du frei wählen.
- Grundstruktur:
- Ein Held oder eine Heldin muss eine Aufgabe oder ein Problem lösen, eine Herausforderung oder ein Abenteuer bestehen.
- Unterwegs stößt er oder sie auf Hindernisse und Unterstützer.
- Am Ende geht es gut aus (oder auch nicht) und oft hat die Geschichte eine „Moral“.
- Die Lage spitzt sich im Laufe der Geschichte zu. Oft kommt die Rettung erst im letzten Augenblick.
- Trenne die „Guten“ und die „Bösen“.
- Baue mindestens ein magisches Element ein.
- Die Figuren repräsentieren in der Regel eine oder wenige bestimmte Charaktereigenschaften, sie sind nicht zu „tief“, sondern symbolisieren etwas Bestimmtes.
Total witzig finde ich, sich die wichtigsten Elemente eines neuen Märchens auszuwürfeln.
Dazu kannst du einen „Märchenbaukasten“ benutzen.
So geht’s:
- Mach dir eine Tabelle mit 6 Spalten und 7 Zeilen.
- In die linke Spalte kommen von oben nach unten die Zahlen 1 bis 6.
- Beginne mit der Nummerierung aber erst in der zweiten Zeile.
- In die oberste Zeile schreibst du als Überschriften: Held oder Heldin, weitere(s) Wesen, Spruch/Satz, magisches Element und böses Wesen.
- Beginne mit den Überschriften erst in der zweiten Spalte.
- Nun kannst du in jeder Spalte von oben nach unten 6 Begriffe eintragen, die zur Überschrift passen.
Zum Beispiel als Helden und Heldinnen: Dornröschen, Prinz, Froschkönig.
Als weitere Wesen: die 7 Zwerge oder den bösen Wolf.
Als magisches Element: einen fliegenden Besen.
Du verstehst, was ich meine, gell? - Jetzt nimmst du einen Würfel und würfelst für jede Spaltenüberschrift einmal. Wenn du eine 2 würfelst, nimmst du zum Beispiel, was in der zweiten Zeile steht.
- Aus diesen „Zutaten“ kannst du dein Märchen schreiben.
Übrigens: Du musst den Baukasten nicht mit klassischen Märchenelementen füllen.
Lustig wird es zum Beispiel, wenn das magische Element ein fliegender Eiskratzer oder ein sprechendes Pistazieneis ist.
Oder wenn dein Held ein Feuerwehrmann oder deine Heldin die Tochter eines Tiefkühlkostherstellers ist.
Oder wenn das böse Wesen die 13-Feen-App oder ein Computertroll ist.
Du verstehst, was ich meine, gell?
Viel Spaß.
Schick mir gerne, was du geschrieben hast.
Und frag mich all deine Fragen, wenn du welche hast.
Nächste Woche kannst du hier ein Märchen lesen, das ich auf der Grundlage eines Märchenbaukastens geschrieben habe.
Alles Gute
Beate