Lesen bildet ...

„Einbildung ist auch eine Bildung“, hat mein Vater manchmal gesagt.

Meist war das eine Frotzelei gegenüber Leuten, die dachten, sie wären „etwas Besseres“.

Sich etwas einzubilden, hat oft einen negativen Ruf.

Ich finde, diesen Spruch kann man auch auf ganz andere Art und Weise verstehen.

Zum Beispiel so:

Wenn ich lese, bilde ich mir etwas ein.

Wenn ich mir etwas einbilde, kann ich auch sagen:

Ich denke oder male mir etwas aus.

Ich rede mir etwas ein.

Ich nehme etwas an.

Denn ausdenken, ausmalen, sich einreden und annehmen sind die Synonyme, die der Duden zum Wort „einbilden“ aufführt.

 

Beim Lesen male ich mir oft etwas aus.

Und das bilde ich mir nicht nur ein.

Es ist in meinem Kopf.

Wirklich.

Lesen bildet:

  • Ideen,
  • Vorstellungen,
  • Einsichten und Aussichten,
  • Geschichten,
  • neue Blickwinkel.

 

Was bildet das Lesen bei dir?

 

Lesen bildet auch Bilder.

Und manche Bücher haben Bilder.

Wie „Burnout“ von Maaike Hartjes.

Die niederländische Illustratorin, Comiczeichnerin und Autorin hat ihren Burn-out in einem Comic-Tagebuch festgehalten.

Sie zeigt, wie ihre Arbeit – die sie sehr gerne macht – sie an den Rand ihrer Belastungsfähigkeit treibt. Und darüber hinaus.

Sie beschreibt das Auf und Ab, ihre Ansprüche an sich selbst, ihre Symptome und was sie alles macht, damit es ihr besser geht.

Wie es sich für eine Comiczeichnerin gehört, gibt es natürlich nicht nur Text.

Die Autorin tobt sich kreativ aus. Sie schreibt, zeichnet, gestaltet Kollagen.

Tag für Tag verarbeitet sie ihre Erlebnisse und Gefühle, bis es ihr wieder gut geht.

„Dieses Buch ist eine Anregung, wie Fantasie, Kreativität und Eigensinn in einer Krise helfen können“, steht im Klappentext. Und genau so ist es.

 

Ganz andere Dinge habe ich mir beim Lesen des historischen Krimis „Götzenkammern“ eingebildet, den meine „Mörderische Schwester“ Sabine Lettau geschrieben hat: Geheimnisse, Verschwörungen, Schätze.

Maxi muss mit ihrer Mutter Frederike von München in die Kleinstadt Wilsdruff umziehen. Umzüge sind für die 16-Jährige nichts Neues. Sie ist genervt. Doch als sie entdeckt, dass sich nachts ein Unbekannter in der Kirche und auf dem Friedhof herumtreibt, wird sie neugierig. Ihre Nachforschungen führen sie in die Vergangenheit, die Auswirkungen auf die Gegenwart und ihre eigene Familie hat.

Ich mag Krimis und ich mag historische Romane. In „Götzenkammern“ vereint sich beides wunderbar.

Rätselhaft, spannend und lebendig geschrieben. Gerne mehr davon.

 

Eindrucksvolle Bilder von sich selbst, ihrer Behinderung und der Schönheit zeichnet die US-amerikanische Philosophieprofessorin, Journalistin und Autorin Chloé Cooper Jones in ihrem Buch „Easy Beauty – Blicke auf meine Behinderung“.

In Worten, die bilden und unterhalten, die das Denken und die Wahrnehmung schärfen.

Sie blickt nicht nur selbst auf ihre Behinderung, auch andere Menschen machen das:

Zum Beispiel der Arzt, der ihr davon abrät, das Kind zu bekommen, als sie (ungeplant) schwanger wird. Denn wer weiß, ob ihr Körper und der Körper des Kindes die Schwangerschaft unbeschadet durchstehen?

Oder Colin, ein Moralphilosoph, der im gleichen Doktorandenprogramm ausgebildet wurde wie Chloé Cooper Jones und die Vision einer besseren Gesellschaft vertritt, in der es einen Körper wie ihren nicht gäbe.

Oder die Fremden, die ihr nachschauen und die Stirn runzeln, weil sie sehr klein ist und ungewöhnlich geht.

Persönliche Erlebnisse wie diese, beschreibt die Autorin in ihrem Buch, bettet sie aber gleichzeitig ein in philosophische Blicke auf die Schönheit und den Umgang der Gesellschaft mit Behinderung.

Sie reist, sucht und findet am Ende ein neues Bild von sich selbst.

Im Klappentext steht: Easy Beauty ist ein brillantes Memoir über das Leben mit Behinderung und die universelle Frage, wie man Schönheit und Erfüllung findet. Philosophisch klug, schonungslos ehrlich und mit großer Zärtlichkeit berichtet Chloé Cooper Jones von der Suche nach Momenten des Glücks, die allen Vorurteilen trotzen.“

Und ich kann nur zustimmen.

 

Ganz andere Bilder malt Ferdinand von Schirach in seinem Buch „Nachmittage“.

Kleine Geschichten, die Vorstellungen in mir bilden.

Meist handeln sie von Begegnungen unterwegs.

Ruhig, leise, nachhaltig erzählt der Autor, was er erlebt hat.

Gespräche in Bars, Ferienhäusern oder Hotels.

Menschen, die sich einem anderen Menschen öffnen.

Überraschende Wendungen. Veränderte Leben.

Dazwischen kurze philosophische Betrachtungen, Beobachtungen, Überlegungen.

Absolut mein Geschmack.

 

Lesen bildet einen bunten Rahmen um mein Leben.

Mit unzähligen Löchern, Ausgängen, Fenstern, Brücken und Rutschbahnen in andere Leben und Welten.

Was bildet das Lesen für dich?

 

Ich wünsche dir eine gute Zeit beim Lesen, Schreiben und Leben.

Beate

 

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