Höchstpersönlich: dein Brief
Hattest du früher einen Brieffreund oder eine Brieffreundin?
In meiner Jugend war das ziemlich „in“.
Über einige Jahre habe ich mit einem Mädchen in Italien und einem Mädchen in England Briefe getauscht.
Aufregend war das.
Wann flattert der nächste Brief in den Briefkasten?
Was schreibt die Brieffreundin?
Können wir uns vielleicht sogar eines Tages besuchen?
Ich musste warten.
Etwas, das mir schon immer schwergefallen ist.
Etwas, das ich aber nicht verlernen möchte.
Denn das Warten setzt Gedanken und Gefühle in Gang.
Wir spielen mit Träumen, Wünschen, Vorstellungen.
Manchmal werden wir enttäuscht, wenn das Erwartete eintrifft.
Manchmal können wir uns aber auch daran erfreuen.
Aus einem Besuch bei einer Brieffreundin ist leider nichts geworden.
Die Briefe habe ich lange aufgehoben und dann irgendwann weggeworfen.
Heute bedauere ich das sehr.
Denn Briefe sind ein Zeitdokument.
Eine Art Tagebuch in Dialogform.
Zumindest, wenn es Briefe zwischen Menschen sind, die sich einander nahe fühlen.
Echte Briefe sind heutzutage selten geworden.
Deshalb werden sie auch geschätzt.
Wenn es nicht gerade Behördenbriefe sind.
Liebesbriefe können beispielsweise Beziehungen auf ein neues Niveau heben.
Handgeschrieben, mit Hirnschmalz und ganz viel Herz.
Und ich meine nicht nur Paarbeziehungen, sondern Beziehungen zu allen Menschen, die du liebst.
Eltern, Großeltern, Kinder, Geschwister, Freundinnen, Freunde, …
Wie du das angehst?
Halte deinen Brief persönlich.
Öffne dich.
Zeige, was du am Empfänger des Briefes oder an der Empfängerin schätzt.
Liebst du den Kirschkuchen deiner Oma?
Dann schreib ihr das.
Erzähle ihr, was du fühlst, wenn du an den Kuchen denkst.
Wenn du an sie denkst.
Wie der Geruch Erinnerungen an Vorlese-Nachmittage auf dem Sofa weckt.
An ihre Stimme, die sanft, aber auch bestimmt sein kann.
Wie die Streusel erst knuspern und dann zimtig auf der Zunge vergehen.
Liebst du die Witze deines besten Freundes?
Dann schreib ihm das.
Erzähle ihm, wie dir die Erinnerung an eine Pointe ein Lächeln ins Gesicht malt.
Wie du vor einem schwierigen Gespräch an einen Witz denkst, damit du dich entspannst und ruhig wirst.
Wie du seine Stimme in dir hörst und sein unvergleichliches Lachen.
Auch Gedichte können deine Liebesbriefe bereichern.
Zum Beispiel Elfchen.
Falls du keine Elfchen kennst:
Sie bestehen aus fünf Zeilen und elf Wörtern.
In der ersten Zeile steht ein Wort.
In der zweiten Zeile stehen zwei Wörter.
In der dritten stehen drei Wörter, in der vierten vier Wörter.
Und in der fünften steht wieder ein Wort.
Packe in diese fünf Zeilen, was du an dieser einen Person besonders schätzt.
Ganz individuell.
Vielleicht, dass dein Partner immer warme Füße hat.
Daraus kann werden:
Frühstück
am Freitag.
Dein Blick verspricht:
Ich wärme deine Füße.
Immer.
Oder dass deine Freundin sich Zeit für dich nimmt, wenn du sie brauchst.
Wofür auch immer.
Ein Beispiel:
Zeit
mit dir
richtet mich auf.
Wir finden unsere Größe.
Danke!
Das darf gerne auch doppeldeutig sein oder für alle anderen Menschen unverständlich.
Es geht um eure Beziehung.
Darum, was euch verbindet.
Darum, was dein Gegenüber so besonders für dich macht.
Das kann sein Musikgeschmack, seine sportlichen Vorlieben, sein Lieblingsessen, eine gemeinsame Reise oder etwas ganz anderes sein.
Du kannst schreiben, warum du immer wieder an sie oder ihn denkst, was dich an ihm oder ihr beeindruckt, wofür du dankbar bist oder worüber du dich gefreut hast.
Dein Brief darf gerne etwas Besonderes sein.
Handgeschrieben und auf einem originellen Papier.
Damit drückst du zusätzlich deine Wertschätzung aus.
Du nimmst dir ganz bewusst Zeit für jemanden.
Du denkst über diesen einen Menschen nach.
Du fühlst dich in ihn und eure Beziehung ein.
Etwas Persönlicheres gibt es kaum.
Zum Beispiel als Geschenk.
Zu Weihnachten, zum Geburtstag oder einfach so.
Und noch ein Lesetipp zum Schluss:
Die fast vergessene Kunst des Briefeschreibens
von Titus Müller und Gaby Trombello-Wirkus
Dieses wunderbare Buch vereint Briefe und Briefwechsel von berühmten Menschen wie Antoine de Saint-Exupéry, Ludwig van Beethoven und Rosa Luxemburg.
Es geht aber auch grundsätzlich auf die Kunst des Briefeschreibens ein und macht Lust zum Selberschreiben.
Und deshalb gibt es dafür ganz praktische Tipps.
Zum Beispiel zum Handwerkszeug, zum Schriftbild und zum Aufbau eines Briefes.
Auf dem Buch steht:
„Wir erfahren, warum Briefeschreiben glücklich macht und warum diese entschleunigende Art der Kommunikation gerade eine Renaissance erlebt.“
Eine Wiedergeburt des Briefeschreibens.
Was für eine wunderbare Vorstellung.
Viele Grüße und eine schöne Adventszeit
Beate
Übrigens:
„Advent“ bedeutet „Ankunft“.
Nicht nur Briefe kommen an.
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